Sonntag, 20. März 2011

Full moon party!

Kurz vor der 28-stündigen Busfahrt nach El Chaltén habe ich kurz Zeit, einen kurzen Bericht über die Full moon party zu schreiben. Viel Spaß beim Lesen!

Freitag, gegen Vormittag: Es erreicht mich die vorerst inoffizielle Nachricht, dass es eine Full moon party gibt. Ort und Uhrzeit sind derzeit noch unbekannt.

13.27 Uhr: Die Gerüchte verdichten sich. Es ist die Rede von einem Bustransfer, Party auf dem Berg, Schlafmöglichkeiten seien vorhanden.

16.47 Uhr: Neue Informationen machen die Runde: Man müsse 5 km zur Party laufen.

18.51 Uhr: In der Zwischenzeit sickert die Uhrzeit durch, wann es losgehen soll: 11 Uhr

19.07 Uhr: Unbestätigten Informatioen zufolge muß der komplette Weg zum Berg zu Fuß erklommen werden.

19.31 Uhr: Die Informationen überschlagen sich: Jetzt ist die Rede von 14 km Weg bis zum Partyort.

19.32 Uhr: Die 14 km beziehen sich aller Voraussicht nach auf eine (!) Strecke.

19.33 Uhr: Das gesamte Stromnetz von Bariloche ist für kurze Zeit zusammengebrochen. Informationen über das Internet sind derzeit nicht möglich.

20.13 Uhr: Die Telefon- und Internetverbindungen sind wieder intakt.

20.29 Uhr: Die ersten Leute aus dem Hostel signalisieren ihre Teilnahme an der Party, darunter Toby und Helen aus England, Martin aus der Schweiz und Eric aus Deutschland.

20.30 Uhr: Der Informationsfluß ist zu gering, als daß ich spontan zusage.

20.30 Uhr und 47 Sekunden: Ich lasse mich von der Euphorie anstecken und sage meine Teilnahme zu.

21.16 Uhr: Die ersten Internetbilder des Partyorts machen die Runde. Kollektives Nicken untereinander signaliert, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

Samstag, 10 Uhr: Beim Frühstück ist man schon jetzt der Ansicht, auf dem Weg zur besten Party aller Zeiten zu sein.

Samstag, 11 Uhr: Uns erreicht die Nachricht, dass sich der Zeitplan verschoben hat und die Abfahrtsuhrzeit auf 13 Uhr korrigiert wurde.

Samstag, 13.30 Uhr: Mit einer halben Stunde Verspätung kommt Gabriel, der brasilianische Guide und Angestellter unserers Hostels und stets sehr verwirrend dreinblickende Brasilianer, verspätet zum Abfahrsort.

Samstag, 14.45 Uhr: Ankunft zum Aufstieg.

Samstag, 14.51 Uhr: Aufgrund des umfangreichen Filmwissens bin ich mit den Gefahren des Waldes, der taktischen Kriegsführung sowie der giftigsten Tiere vertraut. Unzählige Kriegsfilme über Vietnam und den Zweiten Weltkrieg sowie diverse Tier-Dokumentationen im TV sollten mir genügend Informationen im Kampf ums nackte Überleben geliefert haben. Erinnerungen an praktische Tipps aus uralten Yps-Heftchen könnten mir das Leben retten.

Samstag, 14.53 Uhr: Ich bin froh, dass ich vor Reiseantritt Trekkingschuhe gekauft habe.

Samstag, 14.55 Uhr. Ich ärgere mich, dass ich die Schuhe nicht schon vor ca. einer Woche nochmal angezogen habe, da nach dem ersten Kilometer zwei Blasen an der Ferse von unten grüßen.

Samstag, 14.56 Uhr. Ich verfluche den Augenblick, als ich die Flaster im Hostel in der Hand hatte und mir sagte: Brauchste nicht, die Schuhe haste ja schon in Deutschland angehabt und lasse sie in der Tasche zurück.

Samstag, 16.34 Uhr: Nach ca. zwei Stunden Trekking fühlen wir uns gut. Die Sonne scheint, die Gegend zeigt sich von seiner schönsten Seite.

Samstag, 16.59 Uhr: Mit meinem paramilitärischen Outfit, bestehend aus wasserfesten Trekkingschuhen, einem Schweizer Taschenmessen, zwei Flaschen Bier, einer Sonnenbrille inkl. UV-Schutz und einem tarnfarbenen Halstuch fühle ich mich wie ein MALD - halb Mensch, halb Wald.

Samstag, 17.15 Uhr: Das tarnfarbene Halstuch habe ich mittlerweile auf die Stirn gezogen. Eine spanische Armada könnte direkt vor mir stehen und würde mich wohl nicht erkennen. Ich fühle mich wie ein argentinischer Strauch Beeren.

Samstag, 17.20 Uhr: Das erste Mal seit 35 Jahre habe ich kurz nach dem Abpfiff der Fußball-Bundesliga keine Ergebnisse parat. Ich streiche den Tag aus meinem Kalender.

Samstag, 17.41 Uhr: Vor dem nun kommenden harten Aufstieg machen wir eine Pause. Durch den hastigen Genuß der mitgeschleppten Flasche Bier marschiere ich im Anschluß an die Pause ungewohnt entschlußfreudig an die Spitze der Gruppe. Deutschland hat jetzt das Oberkommando über das internationale Party-Heer. Wir einigen uns auf Englisch als Sprache. Lieder über tapfere Soldaten singen wir nicht.

Samstag, 17.45 Uhr: Sollte diese Mission scheitern wird man - offiziell - erklären, dass diese Mission sowie deren Teilnehmer nie existiert haben.

Samstag, 18.01 Uhr: Der Berg ruft. Wir stehen vor ihm. Problem: Wir müssen da hoch.

Samstag, 18.37 Uhr: Der brasilianische Dissident Gabriel kann das Tempo, was ich an der Spitze vorlege, nicht halten. Aber wir lassen keinen zurück.

Samstag, 19.16 Uhr: Der Aufstieg ist hart und kräftezehrend. Die Zeit eilt, denn es wird langsam dunkel und es wird kälter. Der Abstand zwischen den Pausen wird geringer.

Samstag, 19.28 Uhr: Wir treffen zufällig auf das A-Team, die noch immer von der Militärpolizei gejagt werden.

Samstag, 19.41 Uhr: Wir erreichen den Gipfel und quartieren uns ein.

Samstag, 19.55 Uhr: Erschöpft, aber glücklich, geht die Party los. Leider wird der Abend dem Namen Party nicht gerecht. Zu erschöpft sind die Soldaten, um den Sieg über den Berg zu feiern.

Samstag, 22.40 Uhr: Die Erschöpfung weicht dem Alkohl. Die Stimmung steigt und argentinische Einheimische trommeln vermeintlich im Takt. Tapfere Laien fangen an, zu dem offensichtlich ohne Rhythmus erklingenden Trommelgewirr zu tanzen. Unterdessen tanzen die ersten Soldaten ab ins Bett. So können wir keinen Krieg gewinnen.

Sonntag, 4.35 Uhr: Da der Partyraum auch als Schlafraum genutzt wird werden wir gebeten, zum Sprechen nach draußen zu gehen. Keine Option! Es regnet, es stürmt, es ist alles gesagt und wir müssen morgen die 14 km wieder zurück.

Sonntag, 16 Uhr: Nach insgesamt 30 Kilometern, unzähligen "Wir müssten doch gleich da sein"-Gesprächen kommen wir irgendwann wieder da an, wo wir angefangen haben. Das ist der Beweis: Die Welt ist eine Scheibe.

ENDE.

Hier die Bilder:


Erster Zwischenstopp mit den Leuten aus dem Hostel


Die ersten Strapazen sollen entsprechen belohnt werden


Bäume...


Dort oben, wo das Wasser herkommt, müssen wir hoch...


Phantastischer Ausblick...


Gabriel und Rambo (Lars)


Oben angekommen gibt's den nächsten "hier gefällt's mir-Sprung" (Katrin, wie willst du das übertreffen?)


Unsere Partylocation und Übernachtungsort


Die Party war eher ein gemütliches Beisammensein


Geschafft! Nach gut 30 km berauf und bergab sind wir froh, alle wieder unten heil angekommen zu sein!

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