Samstag, 9. Juli 2011

Moby Dick, komm Mittach!

9.30 Uhr, Ecuador, Hostel

Ich frage den einem Indianer nicht unähnlich aussehende Inhaber oder Angestellte des Hostels, ob noch Plätze frei sind für das Whale Watching. Von Alix, der einzigen Französin ohne diesen reizenden Akzent, habe ich erfahren, dass sie nur 16 $ bezahlt hat. Als er mir als Preis 25 $ nennt lächle ich nickend nett und zeige auf Alix, warte eine kurze dramatische Kunstpause ab uns sage "16", um ihm zu signalisieren, dass ich WEISS, dass er mich über den Tisch ziehen wollte und denke mir, dass es reicht, wenn in Italien jeder über den Tisch gezogen wird. Da er nun offensichtlich registriert hat, dass ich zur klügeren Gattung Mensch zähle lächelt er verlegen und wartet darauf, dass ich ihm das Geld gebe. Gebucht!

10.20 Uhr, im Hostel:
Wie immer preußisch pünktlich warten wir darauf, abgeholt zu werden. 25 Minuten später ist der Typ endlich da, wir marschieren zum Boot.

11 Uhr, auf dem Boot:
Es geht los. Zusammen mit ca. 15 anderen sitze ich in einem Boot und wir machen uns auf. Der Ort, wo Wale gesichtet werden, ist weeeeit draußen. Offensichtlich scheint dem Jungspunt, der unser Boot lenkt, es eilig zu haben, denn wir fahren mit einem Höllentempo über den Ozean. Die erste Stunde genießen wir alle die rasante Bootfahrt. Es macht Spaß, ist schnell und hier und da kriege ich ein paar Tropfen Wasser ab. Das Boot knallt aufgrund der teilweise hohen Wellen hart wie Kruppstahl auf das Wasser.

Einigen im Boot vergeht so langsam aber sicher der Spaß an der Formel-1-Wasserfahrt und auch ich verliere so langsam aber sicher meine gute Laune. Was insbesondere daran liegt, da mir auffällt, dass bereits einige (!) rostige Stellen und Risse (!) auf den Bänken, auf den wir sitzen, zu sehen sind. Statt auf dem Meer nach Walen ausschau zu halten konzentriert sich mein Blick auf die gegenüberliegende Bank, deren Riss zwar nicht größer wird, aber mich dennoch etwas ablenkt vom ursprünglichen Plan, Wale zu gucken. Ob es das wirklich wert war, vier Dollar zu sparen? frage ich mich, nachdem ich gemerkt habe, dass auch unsere Sitzbank von einer riesen rostigen Bruchstelle befallen ist. Die Antwort ist: Nein.

Dem Captain scheinen die nicht mehr lachenden Gesichter nicht aufzufallen, sonst hätte er wahrscheinlich das Tempo reduziert. Wir fliegen nahezu seit über zwei Stunden über das Meer, von Moby Dick ist weit und breit nix zu sehen. Dass wir Wale sehen ist garantiert, hat man mir versichert. Na, super, denke ich, garantiert sind wir die Einzigen, die keine Wale sehen werden.
Nach einer weiteren halben Stunde Irrfahrt über das Meer treffen wir auf ein anderes Boot. Ein gutes Zeichen hoffe ich. Und dann sehen wir tatsächlich den ersten Wal.

Wir stehen wie eine Horde irre gewordene Japaner mit unseren geladenen Kameras und schießen Fotos am laufenden Band. Binnen Sekunden macht das Boot tausende Fotos. Wir folgen dem Wal und hoffen, dass wir den Wal nochmal zu Gesicht bekommen. Springt aus dem Wasser, macht ein paar coole Sachen oder schießt eine Wasserfontäne aus eurem Rücken! Denn dafür bin ich hier.
Doch Moby Dick will meine Bitte nicht hören. Zwar ist in der Zwischenzeit anscheinend Frau Moby Dick dazugeschwommen, trotzdem will keiner der beiden auch nur ansatzweise spektakulär aus dem Wasser springen. Ne Flosse! Zeig mir wenigstens deine Flosse! Damit ich wenigstens ein richtig cooles Foto machen kann. Danke:


Hier ein Teil vom Wal. War schon ziemlich cool.


Zirka fünf Meter neben uns schwimmt er, der Moby Dick!


Lenken wird völlig überbewertet. Das hat sich auch unser Captain diverse Male gedacht und hat das Boot einfach so fahren lassen.

Als der Wal wieder im Wasser verschwindet suche ich den Horizont nach weiteren Walen ab. Dann sehe ich in weiter Ferne, wie tatsächlich ein Wal aus dem Wasser springt. Leider viel zu weit weg und viel zu schnell für mich, als dass ich davon ein Foto machen kann. Und dennoch: Der Sprung aus dem Wasser sieht fast so gut aus wie ich, wenn ich beim Badminton den Hallenboden mit einem eingesprungen nicht minder spektakulären Schmetterball Freund oder Feind zur Verzweiflung bringe.

Leider warten wir im Boot alle vergeblich darauf, dass Moby Dick aus dem Wasser springt und so verlasse ich so enttäuscht das Boot wie meine geschlagenen Gegner (wie z.B. Marc und Christos) das Spielfeld.

PS: Das Schreiben dieses Textes gestaltete sich etwas schwierig, da ich in einem Bus auf einer Berg- und Talfahrt unterwegs bin, die dicke Frau neben mir leider immer wieder auf meine Seite rutscht und einen Platz weiter Vatter und Mutter gekonnt lautstark einen Maiskolben wahrlich fressen und so die Lautstärke des Fernsehers locker übertönt während ich parallel bete, dass der Busfahrer etwas von seinem Handwerk versteht wir nicht die hundert Meter Abhang runterfallen. Immernin gibt es hier Leitplanken.

Euer Larsinho

1 Kommentar:

  1. Bevor Du mich hier vermisst, muss ich doch mal meinen Senf wieder dazugeben :-)

    Du würdest den Leitplanken tatsächlich vertrauen einen vollbesetzten Bus aufzuhalten?

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