Dienstag, 10. Mai 2011

Die Lümmel von der ersten Bank oder: Der perfekte Plan

Wie fühlt man sich, wenn man als einziger von DREIEN die Hausaufgaben nicht gemacht hat? Man fängt an, die Minuten bis zum Unterricht zu zählen und WEISS ganz genau, dass einen die Lehrerin danach fragen wird und sucht intuitiv nach Ausreden. Spontan fallen mir drei Ausreden ein, die ich unserer netten Spanischlehrerin Bertha gleich unter die Nase halten werde:

1. Ich bin überfallen worden. Alles weg! Auch die Hausaufgaben. Dabei hatte ich mir doch sooo viel Mühe gegeben.
2. Aisling und Colm haben von mir abgeschrieben und dann den Zettel weggeschmissen.
3. Hausaufgaben? Ich hab keine bekommen.

Schwache Ausreden denke ich mir und gehe mit einem etwas unguten Gefühl in die Klasse. Es dauert nicht lange, da fragt Bertha nach meinen Hausaufgaben. Ich antwortete ihr, dass ich gestern einfach zu müde war, sie nicht zu machen. Dann schmiede ich den perfekten Plan: Aus diversen Filmen mit Hugh Grant weiß ich, dass schnelles Blinzeln im Nanosekundentakt bei Frauen - wenngleich nur in Filmen getestet - Außergewöhnliches bewirken kann. Und was im Film klappt, muß doch auch hier zumindest nicht gänzlich verkehrt sein.

Ich bin mir nicht sicher, ob mein Blinzeln dem von Hugh Grant ebenwürdig ist, beschließe aber dennoch, es zumindest zu versuchen und sie so abzulenken. Also blinzel ich, was das Zeug hält. Ihr Gesichtsausdruck ein paar Sekunden später ist eine Mischung aus "Geht's dir gut?", "Was zum Geier soll das?" und "Gib es zu, du hast deine Hausaufgaben nicht gemacht!". Peinlich berührt gibt sie die Frage an Colm weiter. Na also! Hat doch super geklappt! Ich möchte spontan "Freude schöner Götterfunken" oder zumindest ein kleines "Halleluja" intonieren, beschließe aber, bis zum Ende der Stunde zu warten.

Noch bevor ich die ersten Zeilen in Gedanken singen kann bin ich wieder an der Reihe. Und noch bevor ich anfangen kann, erneut mein vermeintlich charmantes Blinzeln zu starten hat sie gesehen, dass mein Blatt leer ist...

Nachdem ich diese peinlichen Momente überstanden hat vergeht die Stunde wie im Flug. Zu meiner eigenen Überraschung kann ich das eine oder andere Sinnvolle UND Richtige zum Unterricht beitragen, als endlich die Stunde des Larsinho schlägt: Bertha beschließt, uns Verben konjugieren zu lassen. Auf Zeit. Und der Gewinner bekommt ein kleines Geschenk morgen. Ja, denke ich mir, dass machen die mit Kindern auch immer so. Ganz früher waren es "Brot und Spiele", heute heißt es Überraschung. Ob ich auch ein Bier als Belohnung kriegen könnte, wenn ich gewinne...? Nicht vor dem Sieg feiern, denke ich mir, das ging schon 1944 nicht gut. Lern aus der Geschichte! Also, Larsinho, konzentrier dich und konjugier richtig! Wollen wir doch mal sehen, ob Deutschland gegen Irland in diesem Länderkampf die Oberhand behält!

Ich bin als letzter dran, habe also ein paar Sekunden mehr Zeit, mir die Endungen einzuprägen. Aisling legt mit 6 Sekunden nicht schlecht vor, Colm zieht gleich. Jetzt bin ich dran. Das Wort ist: hablar (reden). Naja, dat kannste doch, also los geht's! Ich starte mit "yo hablo" (ich rede), aber schon beim zweiten Wort stotter ich nur langsam ein "tu hablas" (du redest) heraus, das kostete mich bestimmt eine halbe Sekunde. Am Ende stehen sieben Sekunden zubuche. Naja, eine Sekunde ist locker wieder aufzuholen, denke ich mir und nehme mir noch einen Schluck aus der Gatorade-Flasche. Das sollte meinen Gehirnzellen den entscheidenen Vorteil bringen, so zumindest meine Hoffnung.

Beim zweiten Verb schmetter ich in bester Boris-Becker-Manier eine drei-Sekunden-Performance hin und ernte respektvolle Blicke. Aisling hatte in Runde zwei eine 7 hingelegt, das wird sie meilenweit zurückwerfen, Colm immerhin eine 5. Das ist die Führung für mich! In den nächsten drei Runden baue ich meinen Vorsprung weiter aus und zaubere eine traumhafte 4-3-4 an die Tafel.

Beim zusammenzählen wird schnell klar, dass das Vereinigte Königreich mit seinen Gesandten nicht gegen Deutschland gewinnen kann. Was die deutsche Fußball-Nationalmannschaft im letzten Jahr bei der WM mit einem eindrucksvollem 4:1 angefangen hat, setze ich hier spektakulär fort. Mit siegbringenden 21 Sekunden habe ich das Spiel mit drei Sekunden vor Colm und sechs Sekunden vor Aisling gewonnen. Ich warte, bis endlich der Queen-Hit "We are the champions" abgespielt wird, warte aber vergeblich und summe das Lied alleine vor mich hin. Dennoch ist klar: Ich habe für Deutschland gewonnen. Das sind Gefühle, wo man nicht beschreiben kann, würde Jürgen Klinsmann jetzt sagen.

Hier Fotos vom Battle of words:


Stolz präsentiert Bertha die Gewinnerzahlen. Und der Gewinner ist: Laaaaaaaaarsinhooooooooooooooooooooooooo! Danke, Autogramme gibt's später.


Meine Fragen zu praktischen Beispielen hat Bertha unaufgefordert von mir übernommen. "Lars compra una serveza frio" heißt übersetzt "Lars kauft ein kaltes Bier". Wie recht sie hat! Nach diesem erfolgreichen Tag gönne ich mir jetzt erstmal ein Bier. Na dann, Prost!

Euer Larsinho

1 Kommentar:

  1. Lieber Lars,
    köstlich deine Artikel! Würdest du den Engländern, Iren und sonstigen Reisegesellen vom erweiterten Köngigreich bitte morgen von mir viele Grüße bestellen und dieses Lied hier anstimmen?
    http://www.youtube.com/watch?v=vuxghiwjgQc
    Viele Grüße aus Kambodscha um die Welt,
    Susan (über weltreise-info.de)
    www.traumweh.de

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